Schulden haben – Schulden als Chance

Viele Menschen werden durch schwere Krankheit aus der Bahn geworfen und andere durch Schulden. In beiden Fällen bedeutet es, sein Leben neu zu überdenken und strukturieren. Oft scheint es so, dass der Totkranke wesentlich besser mit seinem Schicksal leben kann wie jemand im finanziellen Ruin.

Viele sagen, das wären Äpfel mit Birnen vergleichen und der unheilbar kranke Mensch hätte sehr viel Hilfe. Es gibt Ärzte, Selbsthilfegruppen, Medikamente und und und. In ihrem oftmals überwältigendem Selbstmitleid landen Menschen mit unüberschaubaren Schulden in einer Sackgasse und resignieren. Aber ist es nicht ein Wink des Schicksals, dass fast jeder totkranke Mensch gerne mit dem Leben des Schuldners tauschen würde, umgekehrt aber nicht?

Fast jeder Mensch hat sein ganzes Leben permanent Schulden und das ist nicht nur auf Geld bezogen. Die tägliche Arbeit ist ebenfalls eine große Schuld und Verpflichtung. Angst den Job zu verlieren, Angst vor krank sein im Job und selbst Angst davor den Jahresurlaub mit gutem Gewissen zu nehmen. Hauptsache nicht arbeitslos und dadurch asozial. Viele Menschen benutzen diesen Begriff ohne die genaue Definition zu kennen. Für sie ist jeder Hartz4ler nur ein asozialer Schmarotzer, die Penner am Marktplatz sowieso, genau wie Menschen die unangenehm riechen. Gerade letzt in der Sauna führten 3 Pensionäre oder besser unbedarfte Rentner wieder so ein Gespräch. Sie zogen vom Leder was das Zeug hielt und alle Arbeitslosen wurden verteufelt, als asozial und faul bezeichnet. Ich mischte mich dann beiläufig in das Geschehen mit ein und fragte ob es nicht unangenehm wäre, wenn vielleicht ein arbeitsloser Asozialer dieses laute Gespräch hier mitbekommt. Die 3 „Herren“ waren sich einig, dass sooooo jemand sicher nicht in der Sauna ist und wohl eher am Kiosk herumlungert. Ich sagte, dass ich so ein Subjekt sein könne und das fanden sie recht lustig. Solchen Menschen würde man es sofort ansehen und bei mir wäre das nicht der Fall. Wie will man das bei einem nackten Menschen erkennen? Auch darauf kam eine Antwort… Es wäre nicht zu überhören, wenn ein asozialer Schmarotzer labert. Meine Idee, dass man solche Menschen mit einem speziellen Abzeichen auf der Kleidung outen sollte, fand freudigen Beifall. Ich konnte gedanklich nur mit dem Kopf schütteln bei so einem asozialen Denken. Als ich dann aus dem Sauna-Raum ging konnte ich mir die Bemerkung nicht verkneifen, dass ich leider heute meinen Hartz IV-Bescheid vergessen habe. Wie zu erwarten zeigten die „Jungs“ wenig Einsicht. 🙂

Arbeitslos ist nicht angenehm, wenn ich darin kein „Profi“ bin, aber bin ich deshalb minderwertiger wie jemand der einen Job hat, den er eigentlich nicht mag, um sich Dinge zu leisten, die er nicht braucht? Finde ich nur dann Akzeptanz, wenn ich sagen kann: „Mein Haus, mein Auto, mein Job!“ Ich kenne Leute, die nicht einmal dem Partner erzählen, dass sie arbeitslos geworden sind und sich ständig durch diese Lüge quälen. Im Grunde denken sie im tiefsten Innern wie die 3 alten Knaben aus der Sauna. Sie haben fast kein Selbtswertgefühl mehr und die Gesellschaft hilft fleißig mit, dass es auch so bleibt. Wie weit ist alles verkommen, wo nur der Wert des Menschen über die Position seiner Arbeit bestimmt wird?

Es interessiert wenig, ob der arbeitslose Schmarotzer ein toller Mensch mit Herz und Verstand ist. Es interessiert nur, dass er unnötig Geld kostet. Der charakterlose Firmenboss, der ausbeutende Politiker, der korrupte Manager oder der dumme Popstar werden gebauchpinselt und hofiert, da sie sowas von tollen Menschen sind. Aber genau hier findet sich die echte Asozialität. Asozial zu sein bedeutet, sich der Gesellschaft nicht verpflichtet zu fühlen und findet sich in „gehobenen“ Kreisen deutlich öfter wie bei sozialen Unterschichten. Sind Menschen die überschuldet sind wertloser als andere? Sind sie eventuell nur in die Überschuldung gerutscht, weil sie sich verkalkuliert haben beim Wettrüsten der unnützen Dinge?

Der Arbeitslose arme Schuldner, sieht die neue Perspektive nicht, die sich deutlich vor ihm auftut. Er fühlt sich klein, weil er ständig zu anderen aufschaut und dabei hat er das Erstrebenswerteste was es gibt – er hat Zeit. Ist er nicht viel reicher, als die meisten der Verurteilenden?

Vielleicht ist es für viele Menschen, die in ihrer kleinen Arbeitswelt leben, gar nicht so schlecht, wenn sie durch Arbeitslosigkeit und/oder Überschuldung, aus ihrem lethargischen Leben geworfen werden. Sie haben Zeit über ihre Situation nachzudenken. Die Grundbedürfnisse wie essen, trinken und schlafen sind gedeckt und fragen wir uns nicht, wie wir wieder schnell an Geld kommen, anstatt was wir gerne tun würden und damit verdienen können. Event. finden wir wieder echtes Glück und Freude, was in der kommerziellen Welt nur erkauft wird. Um echte Freude und Glück zu empfinden, braucht es keine teuren Autos, Designer-Klamotten oder ein nobles Haus. Oft erkennen wir diese wahren Werte erst, wenn wir ganz am Boden liegen. Auch wenn es dem mittellosen Schuldner nicht direkt bewusst ist, führt er mitunter ein besseres Leben wie die Wettrüster der unnützen Dinge.

Auch wenn viele Menschen Grund zur Zufriedenheit haben, finden sie immer wieder Gründe warum sie es nicht sind.

Sie sind total überschuldet und verzweifelt…perfekt! Beginnen Sie Ihr neues Leben jetzt und hier!

In diesem Sinneschulden na und?

Ganz zum Ende noch ein kluges Zitat von Dalai Lama:

Der Mensch, denn er opfert seine Gesundheit, um Geld zu machen.
Dann opfert er sein Geld, um seine Gesundheit wieder zu erlangen.
Und dann ist er so ängstlich wegen der Zukunft, dass er die Gegenwart nicht genießt.

Das Resultat ist, dass er nicht in der Gegenwart lebt; er lebt, als würde er nie sterben, und dann stirbt er und hat nie wirklich gelebt.

Diese Antwort gab der Dalai Lama, als er gefragt wurde, was ihn am meisten überrascht.